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01. Juli 2024 | Portrait

Ein Leben für die Könige der Lüfte

Ein Leben für die Könige der Lüfte
«SIND SIE GUT ANGEKOMMEN?»
Jacques-Olivier Travers’ Händedruck ist kräftig, seine Begrüssung freundlich, er lächelt. «Bei uns ist alles sehr einfach gehalten», sagt er bei den ersten Schritten durch den Greifvogelpark «Les Aigles du Léman» fast entschuldigend. Dabei sucht seine Anlage ihresgleichen: Rund 320 Greifvögel von 80 Arten sind in Sciez untergebracht, das unweit von Thonon-les-Bains und Evian auf der französischen Seite des Genfersees liegt. Einige davon sind in der grössten Greifvogel-Voliere der Welt zu bestaunen – diese ist rund 18 000 Quadratmeter gross, was etwa zweieinhalb Fussballfeldern entspricht. Über 10 000 Schülerinnen und Schüler kommen dort jedes Jahr in Kontakt mit den Königen der Lüfte.
Dass sich der Franzose den Greifvögeln verschrieben hat, ist kein Zufall. Während seines Studiums der Journalistik in Lyon arbeitete Jacques-Olivier Travers nebenbei im Vogelpark in Villars-les-Dombes, um den Beruf als Tierparkleiter zu erlernen. Nachdem er beide Ausbildungen parallel abgeschlossen hatte, arbeitete er zunächst eineinhalb Jahre für die regionale französische Tageszeitung «Le Progrès». Das sei aber nicht seine Passion gewesen, blickt der 51-Jährige zurück: «Meine Leidenschaft waren immer die Vögel.» Bereits als Student plante er die Eröffnung eines Greifvogelparks in Sciez: Er kümmerte sich um die Finanzierung, die nötigen Bewilligungen und die Beschaffung der Vögel. Nach vier Jahren war es dann so weit: Er setzte alles auf eine Karte und eröffnete 1997 den Park «Les Aigles du Léman».
RISIKOFREUDIG
«Mit 25 Jahren hat man das Gefühl, man könne die Weltverändern», antwortet er heute mit einem schelmischen Grinsen auf die Frage, ob das kein grosses Risiko gewesen sei. «Aber die ersten Jahre waren dann wirklich hart – unser Park war nicht bekannt genug, und die Besucherzahlen waren zu tief.» Doch eine kurzzeitige Schliessung und eine Neuausrichtung brachten den gewünschten Erfolg: Ab 2002 ging es aufwärts.
Seine Begeisterung für Greifvögel und insbesondere Seeadler geht auf ein Schlüsselerlebnis zurück: «Im Département Haute-Savoie, wo ich aufgewachsen bin, gibt es viele seltene Arten wie den Steinadler oder den Wanderfalken. Als ich erfuhr, dass das letzte Seeadlerpaar Frankreichs 1892 in meiner unmittelbaren Nachbarschaft in Thonon-les-Bains getötet worden war, wusste ich: Ich muss etwas tun, um diese Vögel wieder hier anzusiedeln.» In seinem Park arbeitet er deshalb nicht nur für die Sensibilisierung der Menschen, er kümmert sich auch um die Erhaltung der Greifvogel-Bestände in der freien Wildbahn: 2007 startete er ein Projekt für die Wiederansiedlung von Seeadlern. Letztes Jahr wurden die ersten vier Jungvögel ausgesetzt, und bis ins Jahr 2030 sollen deren 85 in Freiheit entlassen werden. Jedes Tier ist mit einem Sender versehen und wird akribisch überwacht.
Nachdem die Jungtiere zunächst in die weite Welt hinausfliegen, kehren sie im Alter von vier Jahren an den Aussetzungsort zurück und beginnen mit fünf Jahren mit der Fortpflanzung – entsprechend langfristig ist das Wiederansiedlungsprojekt am Genfersee ausgelegt.
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CHOPARD UND DIE ALPEN
Unterstützung erhalten Jacques-Olivier Travers’ Projekte von der «Alpine Eagle Foundation», die Karl-Friedrich Scheufele ins Leben gerufen hat. Der Co-Präsident der SchweizerUhrenmanufaktur Chopard hatte im Alter von 22 Jahren das erste Sportmodell von Chopard entworfen – die «St. Moritz». Unter dem Namen «Alpine Eagle» plante er eine Neuinterpretation dieser Uhr. Als ihn der Greifvogel- Fachmann kontaktierte, fanden die beiden Enthusiasten schnell zusammen.
«Er ist ein Mensch mit einer ebenso grossen Leidenschaft, wie ich sie habe», sagt Jacques-Olivier Travers über den 65-jährigen Deutschen. «Seine Passion gilt nicht nur den Uhren, er liebt auch die Berge, und er kennt sich in der Natur wirklich aus – das habe ich bei einem Besuch in seinem Chalet in Gstaad schnell gemerkt.»
Jacques-Olivier Travers wollte Karl-Friedrich Scheufele ursprünglich für sein Projekt «Alpine Eagle Tour» gewinnen, für das ein Adler mit einer Kamera auf dem Rücken in fünf Tagen in fünf Alpenländern den Rückgang der Gletscher dokumentieren sollte. «Alpine Eagle» – gemeinsam staunte man über den Zufall der gleichen Namensgebung für Uhr und Filmprojekt, und schon bald gehörte Jacques-Olivier Travers zu den Mitgründern der Stiftung «Alpine Eagle Foundation».
Ein Leben für die Könige der Lüfte
SINNSTIFTENDES PROJEKT
Für diese Verbindung zu Chopard ist er dankbar: «Mir imponiert,mit welcher Konsequenz das Unternehmen schon früh auf ethische Werte und Nachhaltigkeit gesetzt hat, und auch seine Familiengeschichte mit nunmehr drei Generationen berührt mich.» Begeistert erzählt Jacques-Olivier Travers, wie ihm Karl-Friedrich Scheufele per Smartphone einmal ein Foto eines Adlers von einer seiner Wanderungen geschickt habe. «Sein Interesse an den gemeinsamen Projekten ist wirklich echt!»
Dass die «Alpine Eagle»-Uhr ein kommerzieller Erfolg für Chopard wurde, freut ihn aus zweierlei Gründen. «Erstens gönne ich Karl-Friedrich diese Genugtuung, weil er seine Idee dieser Neuinterpretation so konsequent verfolgt und auch gegen Widerstände durchgesetzt hat.» Die Uhr symbolisiere eine Rückkehr zu den traditionellen Werten von Chopard. «Sie setzt sich vom heutigen Trend der grossen Modelle ab, ist nüchtern, klassisch und langlebig – einfach wunderschön!» Zweitens profitiere die «Alpine Eagle Foundation» auch direkt vom Verkauf des Modells: «Von den Gewinnen fliesst ein Teil in die Stiftung.»
ADLER BEIM EISHOCKEY-MEISTER
Mit einem Lachen erzählt Jacques-Olivier Travers auch noch die Geschichte, wie der Weisskopfseeadler «Sherkan» aus seinem Greifvogelpark weltberühmt wurde. Chris McSorley, der damalige Besitzer und Trainer des Eishockeyclubs Genève-Servette HC, habe ihn im Jahr 2000 angerufenund gefragt, ob nicht ein fliegender Weisskopfseeadler jeweils den Puck zum Einwurf ins Stadion bringen könne. «Er schwärmte von der Bekanntheit, die diese Aktion unserem Park bringen würde, und sicherte mir zu, dass wir diese Animation nur bis zum ersten Meistertitel der Genfer durchführen sollten.» Als Franzose habe er sich im Hockey nicht ausgekannt und zugesagt. «Ich dachte, bis eine grosse Stadt wie Genf den Meistertitel gewinnt, dauert das höchstens vier oder fünf Jahre.»
Im April dieses Jahres klappte es jetzt nach 23 Jahren: Genève-Servette konnte sich erstmals in seiner Vereinsgeschichte als Schweizer Meister feiern lassen. Ans Beenden der liebgewonnenen Flugnummer denkt Jacques-Olivier Travers deshalb aber nicht. «Punkto Bekanntheit hat mir Chris McSorley damals nicht zu viel versprochen. Diese Animation war eine unglaubliche Promotion für unsere Adler und ermöglichte uns Auftritte in der ganzen Welt.» Die Beliebtheit von «Sherkan» in Genf, dessen Stadt- und Kantonswappen ein Adler ziert, sei ungebrochen. Kürzlich habe eine Umfrage unter den Hockey- Zuschauerinnen und -Zuschauern ergeben, dass 98 Prozent keinesfalls auf den Weisskopfseeadler als «Puck-Überbringer» verzichten möchten.
Trotzdem plant Jacques-Olivier Travers eine Neuerung: «Ich finde, ‹Sherkan› darf sich nach 23 Jahren treuer Dienste allmählich zur Ruhe setzen.» Die Sport- und Greifvogelfans müssen sich aber keine Sorgen machen, obwohl es alles andere als einfach ist, einen Adler in einem voll beleuchteten und lärmigen Eishockeystadion fliegen zu lassen: «Wir trainieren bereits einen Nachfolger, ‹Sherkans› Sohn bringt dafür hervorragende Voraussetzungen mit.»